Maßnahmenkatalog für Flussauen - LIFE Riverscape Lower Inn

Durch die Maßnahmenumsetzung des Projekts LIFE Riverscape Lower Inn leistet VERBUND einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der europäischen Ziele der Wasserrahmenrichtlinie. Darüber hinaus fördert die Renaturierung von Flussstrukturen, schafft neue Lebensräume und unterstützt die flussmorphologische Entwicklungen von Auen.

Die konzipierten Maßnahmen in den noch an das Abflussregime des Inn angebundenen dynamischen Bereichen der Stauräume stellen Gewässerlebensräume her, welche künftig die Funktion der durch Verlandungsprozesse in den Seitenbereichen quantitativ und qualitativ eingeschränkten Habitate übernehmen können. 

Neben diesen naturschutzfachlichen Zielsetzungen tragen die konzipierten Maßnahmen auch wesentlich zur Erreichung der aus der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union sowie den darauf aufbeuenden nationalen Gewässerbewirtschaftungsplänen resultierenden Ziele in den Detailwasserkörpern des Inn (gutes ökologisches Potenzial) bei.

Ziel der Maßnahmen ist die Widerherstellung verlorengegangener Flussstrukturen und die Verbesserung des Fischlebensraums. Zusätzlich werden auch Maßnahmen im Bereich der Mündungsstrecken von Zubringern des Inn entwickelt (Enknach, Stampfbach, Mühlheimer Ache), da diesen Gewässern auch eine große fischökologische Bedeutung als Laichgewässer für diverse Innarten zukommt. 

Projektgebiet
Die Maßnahmen an der Grenze Oberösterreich-Bayern umfassen die beiden Stauräume der Innraftwerke Ering-Frauenstein und Egglfing-Obernberg sowie die Stauwurzel des Innkraftwerkes Schärding-Neuhaus. 

Hydrologie
Im Zwanzigsten Jahrhundert wurde durch den Ausbau des Inn zu einer durchgehenden Staukette einerseits die Interaktion zwischen Fluss-Au und andererseits das ursprüngliche Energiegefälle grundlegend verändert. Dementsprechend sind für die Maßnahmenentwicklung in den Stauräumen Ering-Frauenstein und Egglfing-Obernberg die Wasserspiegellagen bei unterschiedlichen Abflussereignissen von großer Bedeutung.
In den Stauwurzelbereichen sind noch ein Restgefälle und Wasserspiegelschwankungen vorhanden, so dass. sich hier noch leitbildkonforme Strukturen errichten lassen, weshalb auch die Maßnahmenentwicklung für das Umsetzungskonzept primär in diesen Bereichen ansetzt. 

Historische Flussmorphologie
Der Untere Inn war vor den Veränderungen durch anthropogene Eingriffe von zwei morphologischen Flusstypen, den Durchbruchsstrecken und den Furkationsstrecken in den Beckenlagen, geprägt. Diese Furkationsstrecken unterlagen einer hohen morphologischen Dynamik, die durch eine permanente Veränderung gekennzeichnet war.

Die Gerinnemorphologie des Projektgebietes war von permanent, durchströmten Haupt- und Nebenarmen, bewachsenen und unbewachsenen, stabilen und instabilen Inseln geprägt. Die hohe morphologische Dynamik war durch eine kontinuierliche, fortschreitende Laufverlagerung gekennzeichnet, welche zu Erosionen an den Prallhängen und Anlandungen an den Gleithängen führte. Dadurch bildeten sich an den Gleithängen flachansteigende Ufergradienten aus an denen sich verschiedene Stufen der Sukzession von den Pionierstandorten bis zur weichen Au ausbildeten.

Im Längsverlauf des Inns war die Gerinnemorphologie von Kolk-Furt Sequenzen geprägt, Kolke entstanden an den Prallufern und Furten in den Übergangsbereichen zwischen Flusskrümmungen und in den Verzweigungsbereichen. 

Aufgrund von Regulierungsmaßnahmen, Abdämmungen und Errichtungen der Innkraftwerke kam es zu Verlusten der historischen Flussmorphologie.

Umwelt

VERBUND verpflichtet sich zum verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt.

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Durch die fortschreitende Verlandung von Seitenbereichen der Innstauräume wurden in den letzten Jahrzehnten Gewässerlebensräume in ihrer Ausdehnung zum Teil erheblich eingeschränkt. Mit den geplanten Entlandungsmaßnahmen können neue Lebensräume geschaffen werden, deren Wirkungen diesem Verlust funktional entgegenwirken. 

Der Maßnahmenschwerpunkt liegt in den ältesten Verlandungsbereichen, in
denen kaum noch offene Wasserflächen bestehen und somit in den derzeit strukturärmsten Abschnitten der Stauräume Durch die Umsetzung wird daher die innere Kohärenz des Schutzgebietes erheblich gestärkt.

Im Sinne eines Mosaik-Zyklus-Konzeptes wird die Verlandung in den noch weitgehend gehölzfreien Flächen abschnittsweise zurückgeführt, um Lebensraumkomplexe
zu entwickeln, die im Kern aus einem tieferen, mit dem Inn verbundenen Gewässerbereich
bestehen, der von Flachwasserbereichen unterschiedlicher Tiefe und Ausprägung umgeben ist. Da die Flächen in einem Bereich des Stauraums mit noch stärkerer Wasserstandsschwankung liegen, fallen im natürlichen Rhythmus
Flachwasserbereiche trocken. Diese Flächen werden mit einem Gradienten ausgeformt, so dass das angestrebte Lebensraummosaik für eine gewisse Entwicklungsdauer erhalten bleibt. Durch die Wiederherstellung einer permanenten Anbindung an den Inn können diese Systeme wieder ganzjährig als Lebensraum genützt werden.

Tiefwasserbereiche können für die Fischfauna die Funktion als Winterhabitat, als Rückzugsort bei Hochwasserereignissen und als Lebensraum für stagnophile Arten erfüllen. Zusätzlich stellen diese Tiefwasserbereiche auch ein Fresshabitat für tauchende Wasservögel dar.

Flachwasserbereiche werden infolge der zu erwartenden Ausbildung wieder von wassergebundener Vegetation bedeckt und eignen sich als Lebensraum für Larven, für Jungfische, für die Reproduktion von phytophilen Fischen . 
Darüber hinaus werden Nahrungshabitatn v.a. für Limikolen bereitgestellt und Lebensraum für Pionierpflanzen geschaffen.


Entlandungen am rechten Ufer flussab der Mühlheimer Ache 
Flussabwärts der Mühlheimer Achmündung liegen zwischen Inn und dem Hochwasserschutzdamm Vorlandflächen vor. Die Vorlandflächen flussab der Mühlheimer Achmündung zwischen Inn und dem Mühlheimer Damm sind einerseits mit Auwäldern bedeckt, andererseits befinden sich entlang dieser Flächen mehrere Altwassersysteme. Diese Altwassersysteme unterliegen einem langsamen, stetig fortschreitenden Verlandungsprozess durch Eintrag von Feinsedimenten und durch organisches Material. Des Weiteren besteht teilw. zwischen den Altwassersystemen und dem Inn keine permanente Vernetzung. Nur mehr außergewöhnliche Hochwasserereignisse stellen kurzfristig eine Verbindung zum Inn her.

Ziel der hier geplanten Maßnahmen ist die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Altwassersysteme. Dafür sind umfassende Entlandungsarbeiten sowie die Herstellung tiefgründiger Anbindungen an den Inn bzw. an die Mühlheimer Ache notwendig. 

M25 Entlandung Aufhausner Lacke Fluss-km 43.4-43.0 L
Das Altwassersystem Aufhausner Lacke befindet sich im begleitenden Vorland und unterliegt einem langsamen, stetig fortschreitenden Verlandungsprozess. Diese Verlandungen werden durch den Eintrag von Feinsedimenten (Hochwasserereignisse) und durch organisches Material verursacht. Die Passierbarkeit der Anbindung zum Inn ist aufgrund der Verlandungsprozesse saisonal eingeschränkt möglich. Eine umfassende Vernetzung mit dem Inn ist nur mehr bei außergewöhnlichen Hochwasserereignissen des Inns vorhanden. 

Auf einer Fläche von ca. 1.6 ha erfolgen Entlandungsmaßnahmen und die Wiederherstellung einer tiefgründigen Anbindung mit dem Inn. Die ganzjährige Nutzbarkeit als Lebensraum des Altwassersystems wird durch die Schaffung der permanenten Vernetzung zwischen Inn und der Aufhausner Lacke sichergestellt.

Entfernung von Ufersicherungen („Uferrückbau“)
Hinsichtlich des Uferrückbaues werden bestehende Blockwurfsicherungen bis auf etwa 2 m unterhalb des Niederwasserspiegels entfernt. Diese Maßnahme stellt einen kontinuierlichen Wasser-Land Übergang sicher und ermöglicht mittelfristig eine eigendynamische Eentwicklung des renaturierten Ufers erwartet.

Durch initiale Sedimentumlagerungen wird ein flacher Ufergradient im Bereich der Mittelwasseranschlaglinie hergestellt. Zusätzlich erfolgt eine Strukturierung des flachen Ufergradienten mit Flussholz.

Die Strukturierung mit Flussholz im Nieder- und Mittelwasserbereich führt zur Ausbildung einer dynamischen Uferzone bzw. Verzahnung der Uferlinie. Die Holzstrukturen tragen zur Bildung von nachhaltigen Buchten bei, die in Kombination mit dem Flussholz die Funktion als Lebensraum für Jungfische erfüllen. 
Im Falle der Lage entlang des Außenbogen bzw. der Lage am Prallhang werden sich infolge der höheren hydraulischen Belastungen steile Anbruchufer ausbilden, welche Lebensraum für Höhlenbrüter (Uferschwalbe, Eisvogel) bieten. Durch die umfassenden Auwaldflächen und die zu erwartende Weiter- und Eigenentwicklung ist mit einem zusätzlichen Flussholzeintrag zur rechnen. 

Durch die im Stauwurzelbereich noch vorherrschenden Wasserspiegelschwankungen können sich entlang des ansteigenden, flachverlaufenden Ufergradienten, verschiedene Stufen der Sukzession von Pionierstandorten bis zur Weichen Au ausbilden. 
Kiesbänke mit einem flach-verlaufenden Ufergradienten sind wertvolle Jungfischhabitate und stellen Habitate für Kiesbrüter (Flussregenpfeifer, Flussuferläufer) zur Verfügung. Bei höheren Abflussereignissen können flache, angeströmte Kiesbänke als Laichplatz für rheophile Fischarten genützt werden.

Lenkbuhnen
Die aus den Ufersicherungen ausgebauten Wasserbausteine werden als lokale Störelemente (Lenkbuhnen) in der Nähe des Ufers wieder eingebaut. Durch lokale Strömungsumlenkung fördern diese Lenkbuhnen die Seitenerosion und tragen damit zu einer Uferstrukturierung bei bzw. fördern die mittelfristig die eigendynamische morphologische Entwicklung des renaturierten Ufers.

Vorschüttungen
Mit dem bei Entlandungsmaßnahmen anfallenden Aushubmaterial können Kiesvorschüttungen errichtet werden. Dadurch stellen sich im Bereich der flach angeströmten Kiesbank höhere Fließgeschwindigkeiten ein.

Die Enknach mündet bei Fluss- km 58,34 rechtsufrig in den Inn. Ziel der Maßnahmen an der Enknach ist die Wiederherstellung der Durchgängigkeit zwischen Enknach und Inn und die Verbesserung des Gewässerlebensraums im Mündungsabschnitt der Enknach. 
Dafür soll flussabwärts eines bestehenden Rohrdurchlasses durch den Hochwasserdamm Braunau die Sohle bzw. der Wasserspiegel der Enknach durch Kiesaufschüttungen angehoben werden, so dass sich ein steilerer Gradient einstellt. Dadurch entsteht im Mündungsabschnitt der Enknach ein ausgeprägterer Fließgewässercharakter und die Auswirkungen des Einstaus durch den Inn auf diesen Gewässerabschnitt werden deutlich reduziert. 
Zusätzlich sollen unmittelbar flussab des Rohrdurchlasses zwei Sohlgurte eingebaut werden, um eine Erosion der Kiessohle zu verhindern und somit die Passierbarkeit durch den Rohrdurchlass langfristig zu erhalten.

Der Stampfbach mündet rechtsufrig unterhalb des Innkraftwerks Ering-Frauenstein bei Fluss-km 47.8 in den Inn. Ziel der Maßnahme ist die Verbesserung der gewässerökologischen Verhältnisse des Stampfbachs und die Wiederherstellung und Verbesserung einer ganzjährigen Durchgängigkeit des neu geschaffenen Lebensraums als Reproduktionsareal für rheophile Fischarten des Inns. 
Dabei wird die rd. 150 m lange geradlinige, monotone Mündungsstrecke (Durchlassrohr bis Mündung Inn) durch eine Laufverlagerung und Laufverlängerung strukturell aufgewertet. Der neue Gerinneverlauf soll eine pendelnde, gewundene Linienführung aufweisen. Dadurch soll der Erhalt des asymmetrischen Querprofils sowie der Kolk-Furt Sequenzen mit Tiefstellen im Außenbogen und mit Flachufer im Innenbogen garantiert werden.
Die im Zuge der erforderlichen Fällungen anfallenden Hölzer werden mit Wurzelstock als Flussholzstrukturen ins Gewässer eingebaut. Die Anbindung an den Inn wird ganzjährlich passierbar ausgestaltet.

Die Mühlheimer Ache mündet rechtsufrig bei Fluss-km 44.42 in den Inn. Auf einer Länge von rd. 650 m ist eine Strukturierung und Laufverschwenkung der Mündungsstrecke der Mühlheimer Ach vorgesehen, um den derzeit geradlinigen, stark regulierten und strukturarmen Flussverlauf wesentlich zu attraktivieren.
In der unteren Mündungsstrecke wird durch einen Rückbau der Ufersicherung und Sedimentumlagerungen eine Laufverlagerung initiiert. Die begleitenden Gehölze werden, sofern sie für die Rückbaumaßnahmen entfernt werden müssen, als Flussholzstrukturen eingebaut bzw. als austriebfähige Wurzelstöcke mit Stamm rückversetzt. Die ausgebauten Wasserbausteine können als Buhnenstrukturen zur Förderung der Seitenerosion wieder eingebaut werden.
Der obere Mündungsabschnitt wird rechts- und linksufrig von einem Rückstaudamm begleitet. Hier wird die ausgebaute Ufersicherung als verdeckte Sicherung am Böschungsfuß wieder eingebau, um die Integrität des Dammes nicht zu gefährden. Durch initiale Sedimentumlagerungen und den Einbau von Buhnen und Totholzstrukturen kann sich innerhalb des erweiterten Profils eine pendelnde Linienführung mit Kolk-Furt Sequenzen ausbilden.